Page 16 - WSM 3-2022 NEU
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 Aktuelles aus Wirtschaft & Politik lang selbst. Darum sind die Margenvorteile eher gering, sie liegen aktuell etwa bei 1,5 bis 2,5 Ba- sispunkten pro KPI. Variante 3 sind Finanzierungen mit einem nach- haltigen Verwendungszweck. In dieser Variante kann sich die Kredit gebende Bank unter Um- ständen selbst günstiger refinanzieren und die- sen Vorteil an die Kunden weitergeben. Ein Blick auf den Anleihemarkt zeigt, dass durch grüne Assets unterlegte Bonds günstiger sind. Was bedeutet das nun in der Praxis für Unterneh- men der Stahl und Metall verarbeitenden Indust- rie? Wird zum Beispiel ein Darlehen für Erweite- rungsinvestitionen in der Autoindustrie künftig teurer als ein Kredit, mit dem Bauteile für die Windradindustrie finanziert werden sollen? Die Antwort lautet: Im Prinzip ja – es sei denn, die Er- weiterungsinvestition hat einen spezifischen grü- nen Verwendungszweck oder wird mit den ESG- Zielen verknüpft. Allerdings sind wie oben erläu- tert die Margenunterschiede nicht gewaltig. Nicht der Zins, sondern die Verfügbarkeit entscheidet Der Trend zu nachhaltigen Finanzierungen ist un- aufhaltsam, die Reise hat gerade erst begonnen. Das bedroht die Unternehmen der Stahl und Me- tall verarbeitenden Industrie nicht mit dem Damo- klesschwert, weist aber auf Handlungsbedarf hin. Wichtig zu verstehen sind drei Punkte: K Auch Unternehmen mit einem wenig nachhal- tigen Geschäftsmodell ist der Weg zu nach- haltigen Finanzierungen nicht verschlossen. Wer eine Finanzierung mit ESG-Zielen ver- knüpft oder einen nachhaltigen Verwendungs- zweck nachweisen kann, der erhält auch nachhaltige Finanzierungen. K Der Preis ist nicht der entscheidende Faktor. Dauerhaft dürften nachhaltige Finanzierun- gen nicht günstiger sein als heute die konven- tionellen Kredite. Vielmehr wird nachhaltig aller Voraussicht nach zum „New Normal“ werden, nicht-nachhaltige Finanzierungen werden dementsprechend mit einem Mar- genaufschlag versehen. K Die entscheidende Frage lautet, ob künftig genügend nicht-grüne Finanzierungen verfüg- bar sein werden. Das ist heute noch nicht se- riös zu beantworten, aber zumindest zweifel- haft. Die Finanzwirtschaft setzt ganz auf Nachhaltigkeit und wird darin nicht nur von der EU-Taxonomie bestärkt, sondern abseh- bar auch durch regulatorische Vorgaben wie die Green Asset Ratio noch weiter in diese Richtung geführt. Darum sollten insbesonde- re Unternehmen mit weniger nachhaltigen Geschäftsmodellen an dieser Stelle ansetzen und sich auf eine Finanzierungswelt vorberei- ten, die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihrer Kreditvergabe stellt. Die gute Nachricht zum Schluss: Den Weg zum nachhaltigen Wirtschaften zu begleiten und jeden Schritt zu unterstützen, der zu einer Verringerung des fossilen Energieverbrauchs führt, ist die selbst gewählte Mission und politisch auferlegte Aufga- be der Finanzwirtschaft. Die energieintensiven Unternehmen werden also in der Finanzierung keinesfalls im Regen stehen gelassen, wenn sie es mit der nachhaltigen Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells ernst meinen. Marcus Thiel Leiter Nachhaltige Unternehmenskredite Deutsche Bank AG Taunusanlage 12 60325 Frankfurt am Main Telefon: 069/910 49881 marcus.thiel@db.com www.deutsche-bank.de/ub K   16 Nachrichten 3-2022    Ansprechpartner Foto: Deutsche Bank 


































































































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