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29 Nachrichten 4-2022 Für die Betriebspraxis die schon 2021 angesichts anhaltend steigen- der Preise auf eine Erholung gesetzt hatten und nun noch mehr gebeutelt werden. Auch Kündi- gungen von Seiten von Versorgern sind in eini- gen Fällen zu verzeichnen. In dieser Situation haben Unternehmen bei Neu- abschlüssen wenig bis keinen Verhandlungs- spielraum. Hier bleibt eigentlich nur, sich relativ kurzfristig einzudecken und eine spotmarktnahe Preisgestaltung zu wählen. So würde man we- nigstens von fallenden Preisen im Jahr 2023 profitieren. Verhandlungsbereite Versorger oder einen Wettbewerb der Anbieter gibt es nach un- serer Erfahrung aktuell kaum. Insgesamt gilt es in diesem Punkt also, auf Sicht zu fahren und zu retten, was zu retten ist. Zwei Fliegen mit einer Klappe Das kann aber über 2023 hinaus keine tragfähi- ge Strategie sein, zumal die Herausforderung der Dekarbonisierung ja durch die aktuelle Preisentwicklung nicht von der Tagesordnung verschwunden ist. Deshalb ist eine weitere Re- duzierung des Einsatzes fossiler Energieträger sowohl aus Preissicht wie auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit ein Gebot. Dabei sollte erst der zukünftige Energiemix eines Unternehmens de- finiert werden, bevor man ab 2024 eine daraus abgeleitete Beschaffungsstrategie umsetzt, wel- che die aktuell laufenden Umwälzungen best- möglich berücksichtigt. Bei der Anpassung des Energiemix sollten Unternehmen insbesondere vier Aspekte betrachten. Erstens geht es um die Nutzung alternativer Energiequellen, also eine komplette Umstel- lung. Hat zum Beispiel ein Unternehmen der Stahl verarbeitenden Industrie bisher Gas zur Er- hitzung der Rohlinge genutzt, wäre eine Indukti- onserhitzung mit Strom eine technische Alterna- tive. Dabei ist es wichtig, sich hier von bisherigen Fesseln wie festgefügten Überzeugungen und Denkhorizonten zu lösen. Die Frage nach grund- sätzlichen Veränderungen in der Produktion ist ja für viele Unternehmen nicht neu. In der Ver- gangenheit hat man viele Projekte aber wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit oder der Heraus- forderungen des Übergangs zurückgestellt. Man muss sich immer wieder klar machen, dass sich die Rahmenbedingungen substanziell ver- ändert haben. Es muss auf jeden Fall komplett neu gerechnet werden. Hinzu kommt, sich die zusätzlichen Vorteile klarzumachen. Hier ist die Induktionserhitzung ein gutes Beispiel, braucht sie doch sehr viel weniger Zeit als Gas und er- möglicht damit, Produktionsabläufe noch viel weitergehender anzupassen und zu verschlan- ken. Auch neue, zusätzliche Produkte könnten für das Beispielunternehmen das Ergebnis sein, weil die Induktion eine genauere Temperaturfüh- rung ermöglichen kann. Zweitens kommt es darauf an, den Verbrauch weiter zu reduzieren, ganz unabhängig davon, ob sich alternative Energiequellen anbieten. Hier gibt es im Zusammenhang mit der Einführung von Energiemanagementsystemen eine Vielzahl von bewährten Stellschrauben. Auch dabei ist es wichtig, angesichts grundlegend veränderter Rahmenbedingungen Entscheidungen der Ver- gangenheit neu zu überdenken. Wo ist Spiel- raum für Optimierungen? Wo kann ich durch Modernisierung den Energieeinsatz reduzieren? Generell gilt: Auch auf den ersten Blick beschei- dene Erfolge sind langfristig wertvoll, sowohl mit Blick auf die Versorgungssicherheit als auch auf die eigenen Energiekosten. Das trifft drittens auch auf das Thema Abwärme zu, das für viele Unternehmen bis vor kurzem zu den Stiefkindern bei der Dekarbonisierung zähl- te. Die Rückführung von Abwärme in den Pro- duktionsprozess war in der alten Preiswelt nicht immer wirtschaftlich machbar und stellte auch in der Regel nur einen Teillösung dar, da meist nicht die komplette Abwärme für die Produktion warm genug war. Außerdem fehlte es in vielen Fällen an sinnvollen Ideen, wozu man aus Ab- wärme gewonnene Energie einsetzen könnte.     


































































































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