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Nachrichten 2-2022
Für die Betriebspraxis
Industrielle Versicherungen (XXXVIII)
Rohstoffknappheit sorgt für Handlungsbedarf
Als Verbraucher hat man während des ersten Corona­Lockdowns und auch jetzt in Folge des Konflikts in der Ukraine gesehen, was Knappheit von Gütern bedeutet. Erst ist Toilettenpapier vergriffen, dann Mehl und Sonnenblumenöl, und in dessen Folge muss der Kunde, wenn diese Güter wieder erhältlich sind, deutlich mehr dafür bezahlen. Hamsterkäufe verschärfen die Lage zusätzlich.
In der Wirtschaft verhält es sich im Prinzip ähn- lich. Die Rohstoffe sind durch diverse Ereig- nisse knapp, die Lieferzeiten verlängern sich,
die Preise steigen. Deswegen versuchen die Unternehmen vorzusorgen, um lieferfähig zu bleiben, indem sie Ihre Lagerbestände erhöhen. Das führt zu einer weiteren Verknappung, zu noch längeren Lieferzeiten und zu noch höheren Preisen – eine Negativ-Spirale, die sich kurzfris- tig scheinbar nicht aufhalten lässt. Dies hat nicht nur Folgen für die Produktion. Auch die Versi- cherungen sind erheblich betroffen. Es entsteht dringender Handlungsbedarf.
Erhöhung der Lagerbestände und Preissteigerungen
In den gängigen industriellen Sachversicherun- gen gibt es die Position „Waren/Vorräte“. Die Versicherungssumme für diese Position wird in der Regel an einem Stichtag ermittelt und von den Betrieben an die Versicherung gemeldet. Aktuell sehen wir, dass aufgrund der Vorratshal- tung und des Preisanstiegs viele Unternehmen keine ausreichende Deckung für ihre Waren und Vorräte haben. Wenn aber der Wiederbeschaf- fungswert von Gütern höher ist als die verein- barte Versicherungssumme, entsteht eine soge- nannte Unterversicherungs-Situation.
Zwei wesentliche Lösungsansätze schaffen hier Abhilfe. Zum einen kann der Abstand zwischen den einzelnen Lagerwert-Ermittlungen deutlich verkürzt werden. Statt einmal jährlich wird dem Makler oder dem Versicherer beispielsweise monatlich mitgeteilt, wie hoch der Wert der aktu- ell auf Lager befindlichen Waren/Vorräte ist. Die zweite Möglichkeit besteht darin, einen großzü- gig bemessenen Maximalwert festzulegen. Da- bei wird der Wiederbeschaffungswert des Vor- materials so hoch angesetzt, dass das Unter- nehmen sicher sein kann, nicht in die beschriebene Unterdeckung zu geraten.
Die Preissteigerung kann jedoch auch bei der Wiederbeschaffung von Inventar und beim Wie- deraufbau von Gebäuden negative Folgen ha- ben. Zwar gelten diese Positionen als zum „glei- tenden Neuwert“ versichert, das heißt, dass automatisch jedes Jahr eine indexierte Anpas- sung der Versicherungssummen erfolgt. Jedoch kann es bei den zurzeit enormen Steigerungs- raten dazu kommen, dass die Indexanpassung zum Jahreswechsel nicht ausreicht, um die Preissteigerungen aufzufangen. Hier sollten Un- ternehmen prüfen, ob ihre Sachversicherung eine ausreichend bemessene „Höherhaftungs-“ oder „Vorsorge-“ Position enthält, und falls nicht, eine solche einrichten und anpassen.
    






















































































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