Page 24 - 24.11.22
P. 24

24 Nachrichten 4-2022 Für die Betriebspraxis  netzung“ oder „selbstlernende Funktionen“ von Produkten in die nicht abschließende Liste der Faktoren aufgenommen. Diese sind von den Gerichten bei der Beurteilung der Fehlerhaf- tigkeit zu berücksichtigen. Damit würde die Haf- tung auch für Fehler nach der Markteinführung des Produkts fortbestehen und ebenfalls Soft- ware-Updates, die Nichtbeachtung von Cyber- sicherheitsrisiken sowie maschinelles Lernen abdecken. Die Entwickler wären weiterhin ver- antwortlich für KI-Systeme, die selbstständig lernen, sowie für die Bereitstellung von Updates oder deren Fehlen. Die Liste der potenziellen Anspruchsgegner in Artikel 7 wird im Vergleich zur geltenden Pro- dukthaftungsrichtlinie deutlich erweitert. Neben dem Hersteller kann auch der Hersteller einer fehlerhaften Komponente des Produktes haftbar gemacht werden. Sofern der Hersteller seinen Sitz außerhalb der Europäischen Union hat, kön- nen der Importeur des Produktes und der Bevoll- mächtigte des Herstellers in der EU in Haftung genommen werden. Wenn auch diese beiden juristischen Personen keinen Sitz in der EU ha- ben, kann der Fulfillment-Dienstleister in An- spruch genommen werden. Die neuen Vorschrif- ten der überarbeiteten Richtlinie stellen auch klar, dass Wirtschaftsakteure, die Änderungen an einem Produkt vornehmen, zum Beispiel im Rahmen von Geschäftsmodellen der Kreislauf- wirtschaft, ebenfalls haftbar gemacht werden können, sofern es sich um eine substanzielle Änderung handelt, die außerhalb des Kontrollbe- reiches des Original-Herstellers vorgenommen wurde – es sei denn, die Wiederaufbereiter kön- nen nachweisen, dass sich der Fehler auf einen nicht geänderten Teil des Produkts bezieht. Dar- über hinaus würden subsidiär auch Händler haft- bar gemacht werden können, wenn kein anderer Anspruchsgegner identifiziert werden kann oder seinen Sitz in der EU hat und die Händler auf An- frage des Geschädigten nicht innerhalb eines Monats den Hersteller oder Lieferanten benen- nen. Dies gilt auch für Online-Marktplätze, aller- dings nur für den Fall, dass sie gegenüber dem Verbraucher als Händler auftreten. Kritisch aus Sicht der Industrie zu beurteilen sind die Beweiserleichterungen für Geschä- digte. Der Kommissionsentwurf sieht in Artikel 8 neue Beweisoffenlegungsregeln („Disclosure“) zugunsten des Geschädigten vor. Demnach können nationale Gerichte auf Antrag des Klä- gers, der die Plausibilität seines Schadenser- satzanspruchs belegt hat, anordnen, dass der Beklagte die ihm zur Verfügung stehenden ein- schlägigen Beweismittel offen legt. Ein solcher „ Ausforschungsbeweis“ ist dem deutschen Zivil- prozessrecht in der Form fremd und gefährdet     Foto: ipopba - stock.adobe.com 


































































































   22   23   24   25   26