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Für die Betriebspraxis dass die Politik die Auswüchse der Energie- preissteigerungen begrenzen will. Die Planungs- parameter entwickeln sich jedoch höchst volatil (siehe Grafiken: Entwicklung der Preise an den Spotmärkten), sodass für viele Unternehmen derzeit keine Planungssicherheit gegeben ist. Grafik Entwicklung ausgewählter Energie- rohstoffpreise an den Börsen Grafik Entwicklung Strompreis Betroffenheit abschätzen Die Abschätzung der zu erwartenden Mehrkos- ten ist dabei nur als Eingangsfrage zu betrach- ten. Wesentlich für die Einschätzung der eigenen Betroffenheit und damit der Bewertung der Aus- wirkung auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Geschäftsmodells und der eigenen Lieferkette ist die Beurteilung der Möglichkeit, in welchem Umfang derart massive Kostensteige- rungen (zum Beispiel im Energiebereich) an die Kunden weitergegeben werden können. Es lassen sich zwei Extreme in der Einschätzung der Betroffenheit von Geschäftsmodellen un- terscheiden. Erstens: Der energieintensive in Deutschland produzierende Betrieb, der mit An- bietern aus Ländern im Wettbewerb steht, in de- nen die Energieteuerung derzeit deutlich niedri- ger ist als in Deutschland. Zweitens: Der energie- intensive in Deutschland produzierende Betrieb, dessen Wettbewerb sich jedoch zu wesentlichen Teilen ebenfalls in Deutschland abspielt, sodass die Wettbewerber von ähnlichen Kostensteige- rungen betroffen sind. Bei einem rein preisbezo- genen Einkauf der Kunden und keinen strategi- schen Abhängigkeiten in der Lieferbeziehung ist die Betroffenheit im ersten Fall in den meisten Geschäftsmodellen und für die meisten Produkte extrem hoch. Es wird kaum gelingen, Preissteige- rungen auch nur annähernd vollständig bei den Kunden durchzusetzen. Ein aus der Energiekostensicht massiv betroffe- nes Unternehmen kann bei der Einnahme einer breiteren Sicht in der Wettbewerbspositionierung dennoch weiterhin Vorteile haben. Mehrheitlich dürften die Geschäftsmodelle im Graubereich zwischen den Extremen liegen. So nehmen in vielen Branchen derzeit andere Wettbewerbskri- terien gegenüber dem reinen Preiswettbewerb an Bedeutung zu. Stichworte sind hier Sensibili- sierung für Liefertreue und -fähigkeit, zunehmen- de Verunsicherung bezüglich der weiteren politi- schen Entwicklung in China und die Zunahme der Bedeutung von sozialen und Umweltfakto- ren. Hierdurch kann es zu einer Vermischung verschiedener Einflussfaktoren kommen, die das Wettbewerbsumfeld einer Branche in verschie- dene Richtungen beeinflussen. Kernmaßnahmen Neben den auf der Kostenseite diskutierten Maßnahmen der Energieeinsparung wird die zentrale Maßnahme der meisten Unternehmen die konsequente Weitergabe der Teuerungen an die Kunden sein. Das kann man transparent ge- stalten. Beispiele hierfür sind befristete Energie- kostenzuschläge und Energiepreisgleitklauseln, die sich an festen Indizes wie etwa Börsenprei- se orientieren. Das nimmt den Kunden die Sor- ge, durch über die eigenen Kostensteigerungen hinausgehende Preisweitergaben benachteiligt zu werden. Solche Preiskonstruktionen waren früher vor allem im Automotive-Sektor verbrei- tet. Unserer Erfahrung nach werden sie heute vermehrt auch in anderen Branchen diskutiert. Bei Geschäftsmodellen, die zumindest kurz- bis mittelfristig preislich den globalen Wettbewer- bern unterlegen sind, auf dem Markt aber in an- deren Wettbewerbskriterien überzeugen, kann man den Kunden eine einfache Frage stellen: Wollen sie wirklich das Verschwinden eines zu- verlässigen Lieferanten vom Markt in Kauf neh- men? Der stünde ihnen dann langfristig nicht mehr zur Verfügung, also auch nicht seine ge- schätzten Vorzüge. Gezielte Hinweise auf vom             32 Nachrichten 4-2022     


































































































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