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Aktuelles aus Wirtschaft & Politik WSM im Gespräch „Die Krise ist schon längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen“ Professor Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e.V. Die vorwiegend mittelständischen Stahl- und Metallverarbeiter produzieren in Deutschland und in der Welt Vorleistungs- güter für große Abnehmerindustrien wie die Automobilindustrie, den Maschinen- und Anlagenbau, die Elektroindustrie und den Bau. Worauf haben sich unsere Mitglieder im Jahr 2023 einzurichten? Michael Hüther: Auf ein weiteres Jahr voller Unsicherheiten. Die Perspektive hat sich auf- grund der unheilvollen Kombination des russi- schen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der nach wie vor präsenten Pandemie noch wei- ter verschlechtert. Das merken die Unternehmen schon jetzt: Die globalen Lieferketten und Produktionsnetzwer- ke laufen noch immer nicht rund, die Energie- versorgung für den Winter ist für die Wirtschaft nicht gesichert. All das führt zu Kostenschocks, etwa bei den Erzeugerpreisen, die die höchsten Anstiege seit mehr als 70 Jahren verzeichnen. Die schwache Nachfrage der Haushalte auf- grund der Inflation verschlimmert die Situation weiter. Wir gehen daher von einer Rezession im kom- menden Jahr aus. Zwar haben die jüngsten Konjunkturdaten ein wenig Hoffnung gemacht und die meisten Kollegen überrascht, doch ein Grund zur Entwarnung ist das nicht. Für den Professor Dr. Michael Hüther Jahresdurchschnitt 2023 rechnen wir mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um knapp 1,5 Prozent. Die Kosten für den Bezug von Energie ha- ben sich vervielfacht und treiben die Inflati- on an. Der Destatis-Erzeugerpreisindex für gewerbliche Produkte ist zuletzt um rund 46 Prozent gestiegen. Wird die Inflation ihren Höhepunkt erst dann erreichen, wenn wir die aktuelle Energieknappheit überwun- den haben werden? Wann, schätzen Sie, wird das sein? Michael Hüther: Inflation ist ein wirtschaftliches Übel. Vor allem Menschen mit kleinen Einkom- men und Vermögen spüren die Folgen von sin- kender Kaufkraft unmittelbar in ihrem täglichen Leben. Momentan sind die hohen Energiepreise Haupttreiber der Inflation, insbesondere Gas   5 Nachrichten 4-2022     Foto: iw Köln 


































































































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